WAS MAN ÜBER SCHMERZEN WISSEN SOLLTE!

  1. Schmerzen zu empfinden ist etwas sehr Sinnvolles. Sie sind unser wichtigstes Schutzsystem, um uns vor Gefahren zu warnen. Was würde sonst passieren, wenn wir mit einem gebrochenen Bein weiterlaufen würden oder wenn wir auf eine heisse Herdplatte greifen,  und die Hand nicht zurückziehen würden?
  2. Warum können Schmerzen auch chronisch werden? Chronische Schmerzen bedeuten, dass dieses Schutzsystem zu stark und langanhaltend arbeitet.
  3. Schmerzen sind etwas sehr individuelles. Oft werden Schmerzen auf rein körperlichen Schaden reduziert. Doch heute weiss man, dass Schmerzen bei Menschen unterschiedlich wahrgenommen werden. Daher können 2 Menschen mit der genau gleichen Verletzung oft unterschiedliche Schmerzen haben.
  4. Unser Körper hat die Fähigkeit sich selber zu heilen. Auch chronische Schmerzen sind veränderbar und  müssen nicht bedeuten, dass man sie nicht wieder loswerden kann! Untersuchungen zeigen, dass Schmerzen am besten zu beeinflussen sind, wenn man seinen Mechanismus  versteht und kontrollieren kann.

 

Warum kommt es zu einer anhaltenden Schutzreaktion / zu chronischen Schmerzen?

  

Wenn wir uns verletzen, melden spezielle Gefahrensensoren dies an unser Gehirn und Nervensystem.

Dort wird dann bewertet, ob diese Verletzung auch tatsächlich eine Gefahr für unseren Körper darstellt.

Dies geschieht unabhängig davon, ob die Verletzung noch vorhanden ist oder nicht.

 

Diese Bewertung setzt sich in unserem Gehirn aus mehreren Faktoren zusammen:

Umgang mit Stress, was wir über diese Verletzung oder Diagnose schon von anderen Menschen gehört oder was wir darüber  gelesen haben, die emotionale Situation in der wir uns gerade befinden, etc...

 

Diese relevanten Faktoren  zu finden und zu verändern kann der Schlüssel zur Schmerzfreiheit sein!

 

Schmerz ist also tatsächlich abhängig vom Verhältnis zwischen wahrgenommener Gefahr und der tatsächlichen Gefahr.

Angenehme und erfreuliche Faktoren werden unsere Gefahrenbotschaften dämpfen, bedrohliche Faktoren werden diese verstärken.

 

ÜBERZEUGUNGEN:    Ich bin topfit.                                           Ich habe eine kaputte Wirbelsäule.
STRESS:                        Ich kann mich gut entspannen.         Ich bin gestresst.
ANGST:                         Ich bin belastbar.                                   Ich habe Angst, dass ich mich überlaste.
LEBENSTIL:                  Ernährung, Schlaf, Bewegung, Sport, ...

EMOTIONEN:              Freude, Gelassenheit, Hoffnung, Trauer, Sorgen,...

 

Dein Gehirn bewertet also ALLE ankommenden Informationen (nicht nur körperliche!) und entscheidet DANN, ob die Situation gefährlich ist oder nicht!

 

Was passiert also, wenn man ständig Schmerzen hat?

 

Das sogenannte Berg-Modell veranschaulicht dies sehr gut:

 

 

Berg A:  beschreibt die schmerzfreie Situation. Würde man hier seinen Körper zu stark belasten (also über  die Gewebetoleranzgrenze hinaus), würde es zu einem körperlichen Schaden kommen.

Damit das nicht passiert, reagiert der Körper vorher mit Schmerz.

Beispiel: man nimmt in untrainiertem Zustand an einem sportlichen Wettkampf teil . Ein plötzlicher Wadenkrampf zwingt uns, die Aktivität sofort zu unterbrechen

Das heisst: unser Körper schützt uns durch Schmerz!

 

Berg B: beschreibt die Lage, wenn man unter chronischen Schmerzen leidet. Die Belastbarkeit ist reduziert,  die Gewebetoleranz ist herabgesetzt. Die Grenze ist also im Vergleich zu Berg A gesunken.

Der Körper reagiert nun sehr schlau: er versucht sich noch besser zu schützen.  Die neue Schmerzgrenze liegt nun tiefer als bei Berg A.

 

Der Körper hat also einen sehr grossen Bereich geschaffen, indem man zwar Schmerzen hat, man jedoch keinen Schaden erleidet.

Der Köper ist jetzt so gut geschützt, dass es viel schwieriger wird, ihn zu beschädigen.

Ist das nicht erstaunlich?

 

Aufgrund der Schmerzen und der herabgesetzten Belastbarkeit leidet nun jedoch die Lebensqualität des Betroffenen sehr darunter.

Das Alarmsystem und die Schmerzpunkte sind sensibilisiert worden.

Schon bei leichten Aktivitäten werden Schmerzen verspürt, manchmal sogar schon, wenn man nur daran denkt.

Unser Gehirn passt wirklich gut auf uns auf!

Zwischen Schmerzbeginn und Gewebetoleranz besitzt der Körper jedoch einen grossen Puffer.

Durch das allmähliche Steigern der Aktivität wird das Gewebe nicht verletzt, weil es ja davor schon schmerzt, bevor man diese Grenze überhaupt erreicht hat.

 

Was bedeutet das nun für die Praxis?

 

Fangen Sie  mit dem Training / Ihren Übungen unterhalb dieser Schmerzlinie an und steigern sie tägliche Ihre Aktivitäten.

Tun Sie immer ein bisschen mehr als gestern - aber nicht viel mehr!

Die Schmerzschub-Linie wird sich langsam nach Trainingszustand entsprechend nach oben verschieben.

Warum?

Weil das Gehirn daraufhin trainiert wird, die subjektiv empfundene Bedrohung zu reduzieren und den Körper auf behutsame Weise zu aktivieren.

Dadurch dass sich die Schmerzlinie nach oben verschiebt, wird sich auch die Gewebetoleranz nach oben verschieben.

Das Gewebe wird stärker und fitter und belastbarer!

 

 

Das Ziel sollte nun sein, die Belastbarkeit allmählich wieder zu steigern!

 

erst dann wird sich die Schmerzschub-Linie langsam nach oben verschieben!

 

Ihre Physiotherapeutin hilft Ihnen gerne dabei :)

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellenangabe:

Jonas Weber physiomeetsscience Patienteninformation

David Butler und Lorimer Moseley "Schmerzen verstehen"